Eintracht Frankfurt Eisbein schlägt Rumpsteak

„Die stehen mit dem Rücken zur Wand und wir knallen sie da durch“

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Deutschland. Ein Sommermärchen. – Jetzt war ich endlich im Kino und wollte eigentlich gerne einen Verriss schreiben. Immerhin hatte ich schon während der WM ein mulmiges Gefühl bei all dem Fahnenhissen und Hymnensingen. Leider bietet der Film an sich wenig Anlass zu Kritik. Er bringt alles, was man von einem solchen Film erwarten kann: Witz, Fröhlichkeit, Gänsehaut, Waschbrettbäuche und den Wunsch die komprimierte kollektive Erinnerung auf DVD zu besitzen.
Zugegeben: Die Ton- und Bildqualität ist bescheiden.
Große Enthüllungen waren sowieso nicht vorherzusehen: Der intellektuelle Abgrund zwischen Kehl/Metzelder und Poldi/Schweini ist bekannt. Angela und Horst laden zum Fremdschämen ein. Jogi kümmert sich um die Taktik. Und da ist wohl – der Film deutet es leider nur an – einiges an taktischer Arbeit geleistet worden. Jürgen gibt den Motivator.

Da sind wir dann auch beim einzigen Kritikpunkt: Ist das wirklich die hochgelobte, moderne Trainingsarbeit, die da gezeigt wird? Da ist von sich quälen wollen und leiden können die Reden. Wir geben denen auf die Fresse. Wir schlagen brutal zu, Männer! Wir lassen uns das nicht mehr wegnehmen, und schon gar nicht von den Polen. Blut, Schweiß und Tränen-Polemik mit sich überschlagender Stimme. Sogar die Lagerfeuer-Romantik fehlt nicht.
Psychologische Aufbauarbeit heißt in diesem Zusammenhang dann folgerichtig auch den Stress beim Elfmeter durch Gruppendruck zu simulieren: Wer einen Elfmeter im Training nicht mit Ansage verwandelt, muss die anderen beim Essen bedienen und wer beim Spiel um den dritten Platz nicht volle Leistung bringt, beleidigt Olli Kahn. Denn der hat sich „den Arsch für die Manschaft aufgerissen“ und für ihn spielen wir um den dritten Platz.
Unglaublich effektiv und unglaublich klischeehaft deutsch.
Und das will vor allem Jürgen Klinsmann ja so gar nicht sein. Seine Ausführungen zum Thema „Die jammernden, kleinkarierten Deutschen, mal von Amerika aus betrachtet“ hätte ich rausgeschnitten. Die Deutschen müssen bei der im wahrsten Sinne des Wortes minutiösen Planung der Spiele und der Sockenfarben-Präsentation im Vorfeld ziemlich viel Einfluss in der FIFA gehabt haben.

9 Kommentare
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  1. Es geschah irgendwann in den ausgehenden 80ern in der Kabine, Abstiegskampf pur, Waschbärbäuche waren auch dabei. Purer Abstiegskampf in der A-Klasse. Kann mich nur noch an Fetzen der einpeitschenden Trainer-Rede erinnern: „Männer, die Muck muss nach vorne. In de Mitt wern die Goole gemacht. Immer vermittele un Micha, bei Zurückziehe immer picke…“. Alle haben begeistert genickt, keiner hats genau verstanden, aber egal. Wir sind raus aufn Platz und habens eins zu eins umgesetzt, glaub ich. Nichtsahnend, dass wir der Geburtsstunde des hypermodernen Teambuilding, -coaching, -bashing etc.pp. beiwohnten. Auch wir hättens damals fast geschafft – einfach großartig!

  2. Fussball ist keine Geisteswissenschaft. Auch wenn es uns in den letzten Jahren oft so verkauft werden (wird) soll. Vorne muss der Fisch ins Netz und hinten muss es knallen, fertig. Daran wird sich nichts ändern. Zum Fussball braucht man(n) kein Abitur.

  3. Mit anderen Worten (in Bezug auf das Sommermärschen): Alter Wein in neuen Schläuchen… ;-)

  4. Ich war auch drin – und mich hat der Film nicht sonderlich überzeugt komischerweise. Richtig tiefe Einblicke bekommt man (logischerweise) nicht, das Training und die Motivation sind kaum anders (wenn auch in Bezug auf Training auf höherem Niveau) als in der Bezirksklasse, und das Ganze ähnelt einer gigantischen Klassenfahrt mit einem Ziel, welches nie erreicht wurde.
    Eines nur wird beim Betrachten des Films klar: Klinsmann MUSSTE zurücktreten. Sowas brennt nur einen Sommer.

  5. Was wohl aus Poldi und Schweini im „richtigen Leben“ geworden wäre?

  6. @Hennes: Programmierer, Anzeigenverkäufer oder Verlagskaufleute? *g*
    Poldi vielleicht Türsteher. Er wird ja gerne mal mit „Soll zu mir kommen, wenn er was will, der Ballack“ zitiert.

  7. mein gott ist das lange her. hat das überhaupt stattgefunden?
    ich hätte mir für den film ein wenig mehr impressionen von der stimmung der fans gewünscht, denn, und da gebe ich silvio recht, wirkliche insider-infos von der dfb-truppe erhält man sowieso nicht. haben die sich nie gezofft?
    trotzdem werd ich mir die dvd zulegen, da sollen ja mehrere stunden bonusschnickschnack drauf sein.
    ach ja: frings kommt cool rüber!

  8. Kicker als Popstars. Trainer als Einpeitscher mit seeligem Lächeln und hohlen Phrasen. Eine Horde Amerikaner, die seltsame Übungen ausführen lassen. Und das alles, um am Ende Dritter zu werden. Ob Helmut Schön 1970 in Mexiko auch so war? Das damalige Spiel gegen Italien wird in Erinnerung bleiben. Das von 2006 trotz des Rummels wohl weniger.

  9. …und erst das dreizwo gegen die Engländer als Revanche für Wembley. Mann, unvergessen „Uns Uwes“ Hinterkopfballtor und der Seitfallzieher von „kleines, dickes Müller“ in der Verlängerung – und das alles bei ca. 50 Grad in gefühlten 5000 m Höhe – grandios!!