Eintracht Frankfurt 05/06: Rückkehr in die Bundesliga

Gastbeitrag
Wir danken „Tom“ für diesen Gastbeitrag.

Anmerkung: Diesen Gastbeitrag schickte uns Tom. Er schreibt dazu: „… anbei ein historisches Dokument aus meiner „Vor-Blog-G“-Zeit, als man noch Zeit für andere Dinge hatte. Habe ich eben eher zufällig entdeckt. Völlig ungekürzt und ungeschnitten, ein enthusiastisches Pamphlet aus der Frühzeit meiner bescheidenen Schaffenskraft, völlig unangekränkelt von irgendwelcher Kritik an Heribert oder Friedhelm oder irgendeinem Spieler.“ Komischerweise ist vielen diese erste Saison nach dem Aufstieg als die spielerisch Beste in Erinnerung geblieben. Hier also Toms Gedanken aus dem Mai 2006

Nach dem Wiederaufstieg in die Bundesliga startet die Eintracht voller Optimismus in die Saison. Doch nach der 1:4 Auftaktniederlage in der Commerzbank-Arena gegen Bayer Leverkusen findet sich die Mannschaft sofort in den Niederungen der Liga wieder. Im Hurra-Stil hatte das Team begonnen und war durch Vasoski mit 1:0 in Führung gegangen. Doch trotz einer engagierten und auch spielerisch durchaus überzeugenden Leistung fällt noch vor der Pause das 1:1. Nach Wiederbeginn gerät die Mannschaft nach individuellen Fehlern sofort in Rückstand und wird danach klassisch ausgekontert. Von dieser Auftaktniederlage kann sich die junge Mannschaft lange nicht erholen. Das schwere Auftaktprogramm kommt hinzu, nur gegen den 1.FC Nürnberg kann sich Frankfurt zuhause mit 1:0 durchsetzen. Schalke und Bayern gewinnen mit jeweils 1:0 und auch auswärts gibt es zunächst kaum etwas zu holen. Den Niederlagen in Berlin (0:2), Hannover (0:2) und Wolfsburg (0:1) steht lediglich ein überraschender Punktgewinn beim 1:1 in Hamburg gegen den um die Tabellenspitze spielenden HSV gegenüber. So findet sich die Mannschaft zur Mitte der Hinrunde auf dem letzten Tabellenplatz wieder. Doch das Umfeld, Trainer Funkel und Vorstandschef Bruchhagen bleiben vergleichsweise gelassen.

Der Umschwung kommt durch einen 1:0 Auswärtssieg beim Mitaufsteiger MSV Duisburg. Mit der Hereinnahme von Francisco Copado, zu Saisonbeginn von der Spvvg. Unterhaching an den Main gewechselt, wird der zuvor statische Eintracht-Angriff plötzlich variabler und gewinnt an Durchschlagskraft. Das schon in der Rückrunde der letzten Zweitliga-Saison gelobte Konterspiel wird zum Markenzeichen einer sich auch spielerisch immer mehr steigernden Mannschaft. Mit einem spektakulären 6:3 Heimerfolg gegen den 1.FC Köln und einem geradezu sensationellen 6:0 Sieg im DFB-Pokal gegen den FC Schalke 04 wird die Eintracht plötzlich zur Mannschaft der Stunde. Auch die darauffolgende 1:4 Auswärtsniederlage beim an diesem Tag zu starken Champions-League-Teilnehmer Werder Bremen ändert daran nichts. Gegen Arminia Bielefeld gewinnt Frankfurt mit 3:0 souverän, holt in Mainz ein 2:2 Unentscheiden und auch gegen Borussia Dortmund gelingt mit 2:0 noch ein überzeugender Sieg. Lediglich der VfB Stuttgart kann mit einem 1:1 in dieser Phase noch einen Punkt aus der Commerzbank-Arena entführen. Die Eintracht verlässt die Abstiegsränge und klettert bis zum Ende der Hinrunde auf den 10. Platz. Zwar geht das letzte Auswärtsspiel gegen Borussia Mönchengladbach mit 4:3 (nach 2:0 Führung) verloren, aber schon vorher hat das Team mit dem 2:1 Auswärtssieg in Kaiserslautern die Hinrunde mehr als versöhnlich abgeschlossen. Dazu kommt als Sahnehäubchen der Einzug ins DFB-Pokalviertelfinale durch einen 5:2 Sieg n.V. und Elfmeterschießen (4:1) gegen den 1.FC Nürnberg. Und gleich nach der Winterpause erreicht Frankfurt durch einen 2:1 Auswärtssieg beim Zweitliga-Vierten München 1860 das Halbfinale und löst damit eine in Frankfurt lange nicht gekannte Euphorie aus.

Trotz guten Spiels verliert die Eintracht allerdings das Auftaktspiel zur Rückrunde in Leverkusen gegen das Bayer-Team mit 1:2. Damit provoziert das Team die Frage, warum trotz teilweise hervorragender Leistungen gerade Auswärtsspiele nach zum Teil sogar deutlichen Führungen nicht gewonnen werden konnten. Gegen Leverkusen war die 1:0 Pausenführung durch einen Treffer von Amanatidis nur ein ungenügender Ausdruck Frankfurter Überlegenheit. Dennoch kippte das Spiel ebenso wie zuvor die Begegnung in Gladbach, wo selbst eine 2:0 Führung nicht zum Sieg oder zumindest zum Remis reichte. In Mainz musste die Eintracht – ebenfalls nach einer 2:0 Führung noch den Ausgleich hinnehmen. Eintracht-Boss Bruchhagen weist in diesem Zusammenhang gern auf die mangelnde Erfahrung des Teams hin, mit vielen Spielern, die noch keine 30 Bundesliga-Spiele auf dem Buckel haben. Das Gefühl für die Variation des Tempos fehle dann manchmal.

Auch zuhause verläuft der Start in die Rückrunde nicht optimal. Gegen Hertha BSC Berlin reichte es trotz drückender Überlegenheit in der zweiten Halbzeit nur zu einem 1:1 durch ein Tor des an diesem Tage überragenden Mannschaftskapitäns Jermaine Jones. Mit dem 1:0 Auswärtssieg beim 1. FC Nürnberg scheint die Mannschaft aber früh die Weichen in Richtung Klassenerhalt zu stellen. Aber schon im darauf folgenden Heimspiel gegen Hannover 96 muss die Eintracht eine unglückliche 0:1 Niederlage hinnehmen. Und auch im nächsten Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg reicht es nur zu einem 1:1. In diesem Spiel verletzt sich Kapitän Jones zudem schwer und kehrt danach nur noch einmal zu einem Kurzeinsatz auf den Platz zurück. Damit nimmt eine Serie von verletzungsbedingten Ausfällen ihren Anfang, nach Jones fallen auch die Stammkräfte Chris und Preuß praktisch für den Rest der Saison aus, Rehmer kommt nur noch sporadisch zum Einsatz. Während die Eintracht die Ausfälle auf den defensiven Positionen aber durch die Hereinnahme der Youngster Russ und Cimen sowie durch eine deutliche Formsteigerung des Jones-Vertreters Huggel erstaunlich gut kompensieren kann, bleibt die Offensive vergleichsweise blass. Der junge Alex Meier, vielfach in Manndeckung genommen, muss seiner Unerfahrenheit Tribut zollen und erreicht nicht mehr die teilweise hervorragende Form der Vorrunde. Da vor allem auch Copado als zweite Sturmspitze zu schwächeln beginnt, steht meist nur noch Amanatidis als gefährlicher Stürmer zur Verfügung. Der allerdings läuft zu teilweise brillianter Form auf und erzielt bis zum 33. Spieltag insgesamt 12 Tore. Auch Stefan Lexa, zum Ende der Vorrunde praktisch bereits „aussortiert“, macht gute Spiele und profiliert sich als Vorbereiter. Der teilweise mehr als beruhigende Vorsprung von bis zu neun Punkten auf einen Abstiegsrang schmilzt im Laufe der Rückrunde allerdings immer mehr in sich zusammen, da es es der Eintracht immer schwerer fällt, ihre Spiele zu gewinnen. Wie in der Vorrunde gibt es gegen die großen Clubs wie Bremen und Hamburg mit 0:1 bzw. 1:2 zuhause und gegen Schalke (0:2) und Bayern (2:5) auswärts Niederlagen, die zwar meist knapp ausfallen, die Eintracht aber allmählich wieder mit der Abstiegszone in Verbindung bringen.

In München versucht die Eintracht gegen die großen Bayern mitzuspielen, was zwar zu einigen schönen Szenen und einem Traumtor (Preuß) führt, aber auch zu einer deutlichen Klatsche. Umgekehrt gelingt zwar im Heimspiel gegen Duisburg ebenfalls ein deutliches 5:2, aber diesmal bedeutet der Erfolg gegen den Mitaufsteiger nicht die Wende zum Besseren. In Köln holt man zwar ein 1:1, aber das Spiel in Bielefeld geht mit 0:1 verloren. Aber die junge Mannschaft verliert nicht ihre Moral und Trainer Funkel nicht die Ruhe. Er bleibt stets vom Klassenerhalt überzeugt und behält schließlich recht. So ziemlich mit dem letzten Aufgebot gewinnt die Eintracht zum Saisonende mit 2:0 in Stuttgart, holt gegen Mainz, Kaiserslautern und Dortmund jeweils einen Punkt und hält die Konkurrenz im Abstiegskampf auf Distanz. Trotz vieler Befürchtungen sinkt der Vorsprung vor dem auf Platz 16 und damit dem ersten Abstiegsplatz rangierenden 1. FC Kaiserslautern nie unter vier Punkte. Am vorletzten Spieltag macht die Eintracht dann mit einem 1:1 in Dortmund alles klar. Trainer Funkel lobt danach zum wiederholten Mal die hervorragende Moral seiner Truppe. Kaum ein anderes Team der Bundesliga hätte die vielen Ausfälle in der Rückrunde so hervorragend wegstecken können. Dies ist in der Tat umso höher zu bewerten, da die Eintracht durch die Teilnahme am deutschen Pokalfinale, dass sie durch einen 1:0 Erfolg über Arminia Bielefeld (Torschütze Amanatdis) erreicht, zusätzlich belastet ist. Im Finale unterliegt die Eintracht gegen den großen FC Bayern nach einer couragierten Leistung etwas unglücklich mit 0:1, zieht aber durch die Finalteilnahme in den UEFA-Cup ein. So ist es am Ende eine großartige Saison, die das junge Eintracht-Team abgeliefert hat. Vor der Zukunft muss Frankfurt nicht bange sein.

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17 Kommentare
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  1. 1:4 vs LEV – gut gespielt, sehr gut sogar in HZ 1 und doch verloren. War nicht das beste Spiel von Pröll, damals im feschen Pink. Ansonsten erinnert mich das alles an diese Saison, gell. Das nennt man Weiterentwicklung …

  2. Danke Tom. Insbesondere die Hinrunde 05/06 haue ich jedem um die Ohren, der mir heute was von kontinuierlicher Weiterentwicklung erzählen will. Wie wir da gespielt haben, unerfahren, mit endlos schwächerem Potential im Kader, wohlgemerkt nicht mit Anfangseuphorie sondern nach größten Problemen, das machte Hoffnung. Wir galten einmal als brandgefährliche Kontermannschaft mit spielerischem Potential. Alas.

  3. Und täglich grüsst das Murmeltier…

    Es zeigt aber auch, dass es irre schwer zu sein scheint, grosse Schritte nach (vorne) oben zu machen. So eine UEFA-Cup-Teilnahme kann, muss aber nicht zwangsläufig, eine Initialzündung sein. So wie bei Hertha diese Saison.

    Es geht aber genauso schnell in die Hose, siehe Nürnberg letztes Jahr.

    Solange man kein Risiko eingehen will ist der Weg nach oben kaum zu beschreiten, die Absturzgefahr ist dann aber auch gering.

    Das spannende wird sein, ob sich, wie vom Oberindianer gewünscht, ein heranpirschen an einstellige Tabellenplätze auch in Microschritten bewerkstelligen lässt.

    Solange das Abstiegsgespenst fern bleibt, bin ich relativ geduldig…

  4. hallo und guten abend aus der diaspora,

    ich hoffe, alle haben die weihnachtsfeiertage gut überstanden und bereiten sich schonmal auf den bevorstehenden rutsch in ein neues strahlendes fußballjahr (*hüstel*) vor… :-)

    da ich eben erst wieder aus meinem weihnachtsurlaub (dresden) wieder nach hause gekommen bin, hab ich mit staunen festgestellt, dass wir schon einen neuzugang haben. und der ist auch noch besser als gomez und grafite (sagt der trainer, der ihn hergibt)… schön… willkommen, keule…. hau rein! :-)

    mein liebstes weihnachtsgeschenk möchte ich euch auch nicht vorenthalten: eine eintracht-frankfurt-fleece-decke… ziemlich kitschig, aber ich liebe das teil jetzt schon.

    danke @ tom für den obigen beitrag. sehr gut und so… ausführlich ;-)

    machts euch noch einen schönen abend

  5. Eeh Traber, Du waast hoit inde B??dzeitung. Die habbe Dein Kommendaa mitte Heidi (24.12.) fasst wortgetroi abgedruckt mittem Hinweis, dasses aussem Internet kimmt. Also die schreibe doch bei uns abb. Dess habb isch nerr schon immer gedacht. Wie kenne die sofiel wisse, wie wir wisse???

    Traber, setz Dich emaa mittem Heinz Gründel zusamme, weesche de Tandiehme. Die kemmer dann im Sommer an de Konsti versaufe.

    Ich habbs im Internet nett gefunne. Abber in de B??d von hoit isses uff de zwot Seit. Mei Fraa kimmt von de Abbeit ham unn sescht, dess musste maa leese. Daa habbisch gleich nachem 1. Absatz gesacht, dass dess vom Traber iss. Ich bring die Zeitung morje mit ins Museum. Dess iss en Knaller. De Stefan werds ja erschendwie maa eistelle kenne, der hatt ja meehr Möschlischkeite.

    Frohe Weihnacht noch amaa. Unn bis morje. Froi misch schon.

  6. traber von daglfing

    @ Rudi

    das tät mich schon auch interessieren. Komme hier aber nicht an die B**D Frankfurt ran. Dann heb Du das Blättchen mal auf.

    Tät nix schaden, wenn ein mittlerer Umtrunk bei rausspringen würde …;)

  7. Man merkt die Feiertage. Wenn ihr alle gelangweilt im Büro sitzt ist doch mehr los

    @Tom

    Schöner Beitrag. Auch wenn der Isaradeler jetzt ne Vollkrise kriegt. Die Mannschaft hat sich weiterentwickelt. Die anderen aber auch :)

    Im nächsten Jahr ahben wir auswärts nicht mehr so häufig verloren Und im übernächsten haben wir sogar ab und an mal gewonnen.

    Wir werden sehen.

    Und hier noch ein nettes Video eines jungen Nachwuchskünstlers.

    http://de.youtube.com/watch?v=.....WPoV3gXV-I

  8. traber von daglfing

    @ Rudi

    vielleicht kannst Du ja noch ein Exemplar besorgen, bzw. ne Kopie, denn die Pia vom Museum wollte mir sowieso noch was schicken.

  9. traber von daglfing

    @ HG

    Bist Du morgen (So) auch im Museum ?

    Dann könntest Du Dir die B**D gleich mal anschauen, ob da was geht……

  10. Vollkrise? Ich lebe in permanenter Vollkrise. „In jazz, every moment is a crisis.“

    Die anderen, mithin die ganze Liga, haben/hat sich weiterentwickelt? Wollen wir darüber lieber nochmal schlafen?!

  11. traber von daglfing

    Klar schlafen wir nochmal drüber. Fragt sich nur mit wem ….;)

  12. Sehr schön, Tom.

  13. Schlafen wir noch einmal darüber.

    Und im neuen Jahr mischen wir dann die Liga auf.

    Ich mach in der Zwischenzeit schon mal meinen Abschlussbericht für die Saison 2008/2009 fertig.

    Also einfach Jahreszahlen austauschen und dann „Copado“ durch „Liberopulos“ ersetzen und dann … erst mal Jones endgültig weg und dafür eine Prise Caio rein und dann noch den Leonard, der drei Klassen besser ist als Ama erwähnen … macht mindestens so viel Tore wie Ibisecic …. Aber dann habe ich da auch noch Fenin und was mach ich mit Korkmaz und überhaupt noch eine halbe Seite für Verletzte reservieren – nein, das wäre nix, die kommen alle wieder, jedenfalls vielleicht und dann das Comeback von Meier … und der neue 10-Jahresvertrag von Friedhelm, mit der Nichtabstiegs- im Mittelfeld-Festzmentiert-und nach oben Schleich-Garantie muss erwähnt werden …

    Ach ist das alles doch kompliziert und das wo sich hier doch eigentlich gar nix entwickelt und überhaupt gehe ich jetzt vielleicht doch erst mal ins Bett.

    Danke. Bitte. Man sieht sich. Vielleicht im Museum.

    Gute Nacht allerseits.

    Allen eine gute Nacht und danke für die netten Kommentare.

  14. Zitat:

    „Ach ist das alles doch kompliziert und das wo sich hier doch eigentlich gar nix entwickelt …“

    grau – mausgrau.

    „Danke. Bitte. Man sieht sich. Vielleicht im Museum.“

    ja aber sicher! :-)

  15. Eine traurige Meldung!!!!!!

    Alfred Pfaff gestorben

    Eintracht-Legende wurde 82 Jahre alt

  16. Die Frankfurter Eintracht hat ein sehr tolles Stadion. Ich muss den Fans ein riesen Kompliment machen, ich schätze sie als mit der stärksten in der Bundesliga ein – und das sowohl bei den Auswärts- als auch bei den Heimspielen.